Plastiche, 2015–2016

Minimalistische Baukörper aus Naturstein und opulent gewachsene Olivenbäume, diese unterschiedlichen Landschaftselemente der italienischen Provinz Apulien werden von Georg Aerni in der Werkserie Plastiche einander gegenübergestellt.


Die bis zu 2000 Jahre alten, knorrigen und wegen der Erdrotation im Uhrzeigersinn verdrehten Olivenbäume sind fast ausnahmslos Kulturpflanzen. Sie bestimmen das Landschaftsbild Apuliens, dem möglicherweise Veränderungen bevorstehen: der Krankheitserreger Xylella fastidiosa, der Olivenbäume austrocknen und absterben lässt, verbreitet sich seit 2012 kontinuierlich. Das Verschwinden von Olivenhainen könnte den Bau von Photovoltaik-Anlagen begünstigen, die als abgezäunte Industriegelände bereits heute viel ehemaliges Agrarland besetzen.


Taubenschläge zählen seit der Antike zu den ersten von Menschen geschaffenen Behausungen für Tiere. Die Taubentürme Apuliens, Torri colombaie, deren Funktion sich von aussen nicht sofort erschliesst, gehörten zwischen dem 16. und 18. Jh. zum Gebäudeensemble von herrschaftlichen Landgütern. Sie stehen heute verlassen da als Zeugen einer vergangenen Zeit, in der Taubenkot als Dünger und Taubenfleisch zum Verzehr geschätzt wurden. Ihre Obsoleszenz und ihr solitäres Auftreten vereint sie mit den Pajare, einfachen Bauten aus Trockenmauerwerk, die eine regionale Besonderheit der ruralen Architektur Italiens darstellen. Diese Gemäuer dienten bis zum Aufkommen von motorisierten Transportmöglichkeiten Jahrhunderte lang als temporäre Wohnräume, Ställe oder kühle Speicher.


Bildinhalte, die zeitliche Prozesse befragen, stehen im Interesse von Georg Aerni. Mit einem stringenten Aufnahmekonzept in Bezug auf die Lichtverhältnisse und die Bildausschnitte sucht der Künstler in seinen Fotografien eine Stille, wie er diese vor Ort selbst erfahren hat.

Pressetext Galerie Bob Gysin 2018





For the work series Plastiche, Georg Aerni contrasts different landscape elements of the Italian province of Apulia with one another: minimalist natural stone structures and opulently grown olive trees.


The olive trees, up to 2,000 years old, gnarled and twisted clockwise as result of the earth’s rotation, are almost exclusively crop plants. They define the image of Apulia’s landscape, which may be facing impending changes: the pathogen Xylella fastidiosa, which dessicates and kills olive trees, has been spreading continually since 2012. The disappearance of the olive groves could benefit the building of photovoltaic parks, which as fenced-off industrial grounds, already occupy a great deal of former agricultural land today.


Dovecotes have been among the first dwellings built by humans for animals since ancient times. Apulia’s dovecotes, Torri colombaie, whose function cannot be seen immediately from the exterior, were a part of the building ensemble of lordly manors between the sixteenth and eighteenth centuries. They currently remain, abandoned, as testimony to a past era in which pigeon droppings were valued as fertilizer and pigeon meat for consumption. Their obsolescence and solitary appearance joins them with the Pajare, simple buildings of dry stone, a special regional feature of rural Italian architecture. These constructions long served as temporary dwellings, stalls, or cool storage until the emergence of motorized transportation.


Georg Aerni is interested in pictorial content that explores temporal processes. Using a strict recording concept with regard to lighting conditions and image detail, in his photos the artist searches for the calm that he found on site.


Press release Galerie Bob Gysin 2018

Translation: Lisa Rosenblatt